Grosse Stille.

Durchgehendes Schweigen. Ein verlängertes Wochenende lang.

Frühjahr: 19. bis 21. April 2024

Herbst: 29. November bis 1. Dezember 2024

Im Rahmen unseres Angebotes «Grosse Stille» lassen wir den Alltag ein verlängertes Wochenende hinter uns, um Ruhe zu finden und Gottes Stimme zu hören. Die «Grosse Stille» bedeutet, abgesehen von kurzen Begleitgesprächen, ein durchgehendes Schweigen – ein verlängertes Wochenende lang. Vielleicht, um Antworten zu finden auf persönliche Fragen, in jedem Fall aber, um Gottes kraftvolle Nähe zu spüren. Denn Gott kann besonders in der Stille zu Dir sprechen.

Den Rahmen des Wochenendes bilden die klösterlichen Gebetszeiten. Begleiter durch die Tage sind kurze, ausgesuchte Bibelstellen, die wir dann in angeleiteten und persönlichen Bibelmeditationen wirken lassen. Ein geistliches Begleitgespräch mit einer erfahrenen Person versucht deuten zu helfen, wie Gott in diesen Stunden zu Dir spricht.

Unsere Stille steht in der Tradition der Exerzitien, die in der Regel fünf Tage Schweigen bedeuten oder im Rahmen der ignazianischen Exerzitien sogar vier Wochen.

Wir bitten zu beachten, dass eine Anmeldung für die «Grosse Stille» nur über den gesamten Zeitraum möglich ist. Sich auf die Stille einzulassen, braucht Zeit.
 

Datum:

19. bis 21. April und 29. November bis 1. Dezember

Beginn:

10.30 Uhr

Ende:

14 Uhr

Preis:

CHF 140.00 [für Nichtverdienende CHF 80.00] für Übernachtung und Verpflegung

Übernachtung:

Einzel- oder Doppelzimmer im Kloster

Mitbringen:

warme Kleidung, gutes Schuhwerk, Bibel, Notizblock

Anmeldung:

jung@kloster-disentis.ch

Anmeldeschluss:

bis Donnerstag, 4. April, und Donnerstag, 14. November

 


 

Die Grosse Stille – eine Reise zu Gott und sich selbst

Nach einer langen Zugfahrt bin ich am Freitagvormittag im idyllischen Disentis angekommen, wo ich nun gemeinsam mit Judith und Schwester Petra – zwei regelmässigen Besucherinnen der Grossen Stille – den sogenannten ‚Weg nach oben‘ beschreite und bald das Kloster erklimme. Im Klosterladen empfängt uns ein junger Mönch und führt uns sowie weitere Teilnehmer in das Nachbarhaus des Klosters, das wir die nächsten drei Tage unser Eigenheim nennen dürfen. In freudiger Anspannung nehmen wir an einem grossen Tisch Platz, stellen uns gegenseitig vor und lassen uns von Bruder Thierry, dem netten, jungen Mönch, den Ablauf der Grossen Stille erklären. Der Plan ist es, ab Freitagmittag bis Sonntagmittag zu schweigen und am klösterlichen Leben teilzunehmen.

Die Grundstimmung im Raum ist freudig, dennoch merke ich, dass wir alle auch Respekt vor diesem Schweige-Experiment haben. So lange nur still zu sein und sich ausschliesslich mit sich selbst auseinanderzusetzen, ist auch eine Herausforderung. Wir packen sie in dem Moment an, in dem wir durch die grosse Pforte schreiten und uns zur Mittagshore in den Oberen Chor begeben. In seiner Mitte sitzen die Mönche, wir Teilnehmer der Grossen Stille dürfen uns im linken Oberen Chor setzen und schon fängt der Lobgesang an. Die Gesänge der Mönche berühren mich und ich versuche, mich in den Gesangbüchern zurechtzufinden und herauszufinden, wann ich als Gemeindeteil singen soll. Leider ist die Mittagshore für ein vollständiges Verstehen der Gesangspraxis zu kurz.

Schon werden wir von Bruder Thierry zum Mittagessen abgeholt, das von ihm und dem strahlenden Bruder Martin serviert wird. Schon lange nicht mehr habe ich mich so auf den Geschmack des Essens und dessen Struktur konzentriert und ich hoffe, dass es beim Abendessen wieder so unglaublich knackigen Salat gibt. Nach dem Kaffee begeben wir uns in den Seminarraum, wo Pater Bruno auf eine literaturwissenschaftliche Art und Weise, die mir sehr imponiert, den Besuch Marias bei Elisabeth verhandelt. Er spricht aber auch über menschliche Beziehungen, die davon leben, dass man sich mit einer gewissen Dringlich- und Beharrlichkeit für den anderen öffnet und ihn in sein eigenes Herz eintreten lässt. Zudem lässt uns Pater Bruno an seinen Gedanken über die uneingeschränkte Liebe Gottes und seiner Barmherzigkeit teilhaben, die mich in den folgenden freien Stunden sehr beschäftigen.

Ich versuche, Pater Brunos Gedanken tiefer zu verstehen und mit meinen eigenen Lebensumständen in Verbindung zu setzen. Doch je mehr ich darüber nachdenke, desto unklarer wird mir alles. Ich bin das erste Mal seit Beginn der Grossen Stille frustriert und höre lauter verschiedene Gedanken in meinem Kopf, die allesamt keinen Sinn ergeben. Ich bin froh, dass ich wieder in die Heilige Messe gehen kann und auf diese Weise vom Gedankenchaos abgelenkt bin. Danach spaziere ich über das Klostergelände und hoffe, dass mir die frische Luft guttut. Während der Vesper geht es mir tatsächlich schon etwas besser, zudem haben die Gesänge eine beruhigende Wirkung auf mich und ich verstehe nun schon besser, wann ich singen darf. Beim Komplet nach dem Nachtessen glätten sich meine gedanklichen Wogen und während wir als Gemeinde im Wechsel mit Pater Theo singen, höre und fühle ich plötzlich ein einziges Wort in mir und erkenne die tiefe Weisheit des von der seligen Mutter Teresa stammenden Leitspruchs der Grossen Stille: „Wir brauchen die Stille, um die Seelen anrühren zu können. Nicht was wir sagen, ist wesentlich, sondern was Gott zu uns und durch uns sagt.“ Ich bin tief ergriffen und dankbar. Zwar habe ich noch keine Bedeutungserklärung für das eben Gehörte, aber es lenkt mich in eine gewisse Denkrichtung. Den ganzen Samstag verbringe ich damit, zu ergründen, was diese Eingebung meinen könnte und wie ich sie in einen Zusammenhang mit den von Pater Bruno geäusserten Gedanken über den Besuch Marias bei Elisabeth stellen könnte. Im einmaligen Begleitgespräch zur Grossen Stille lege ich Pater Bruno verschiedene Deutungsansätze vor, die ich nach einschlägigen Methoden der Germanistik erarbeitet habe. Mithilfe des Registers am Ende der Bibel habe ich systematisch verschiedene Begriffe wie Barmherzigkeit, Liebe und Erbarmen nachgeschlagen und versucht, sie in einen sinnvollen Zusammenhang sowie ein Abhängigkeitsverhältnis zueinander zu stellen. Im Gespräch mit Pater Bruno, der – wie wir später herausfinden – ebenfalls Germanist ist und sogar am gleichen Lehrstuhl promoviert hat wie ich angestellt bin, wird mir klar, dass die Liebe Gottes und seine Barmherzigkeit nicht in Abhängigkeit von einer Leistung stehen, sondern uns bedingungslos zuteilwerden.

Was für eine Erlösung! Beschwingt nehme ich an der Vesper und der anschliessenden Vigil teil und singe aus voller Kehle mit. Ich habe die Abläufe und Riten mittlerweile verstanden und die Stundengebete wirken äusserst meditativ auf mich. Am liebsten würde ich noch länger im Kloster bleiben, doch ich stelle mit Wehmut fest, dass am Sonntag schon alles vorbei sein wird. Deshalb geniesse ich am Christkönigsfest noch einmal in vollen Zügen die Gesänge zu den Laudes und fühle mich geehrt, dass wir als Teilnehmer der Grossen Stille die Heilige Messe im altehrwürdigen Chorgestühl mit den Mönchen feiern dürfen. Die prächtigen Gewänder, die festliche Musik und die äusserst differenziert gestaltete Predigt von Pater Ioannes ergreifen mich und entflammen in mir und allen anderen Teilnehmern die Liebe Gottes erneut. Ehrfürchtig und dankbar singen wir, wünschen uns gegenseitig Frieden und schreiten mit neuer Lebensfreude aus der Kirche.

Ein letztes Mal treffen wir uns zum gemeinsamen Mittagessen, und das Wissen darum, dass das Schweigen nun gebrochen wird, ist beklemmend. Obwohl wir wieder sprechen dürfen, fühlt sich niemand dazu veranlasst. Lieber warten wir alle noch etwas ab und geniessen ein letztes Mal die innere Ruhe. Nach einer Weile setzen wir uns an den runden Tisch und fangen an, uns über unsere Erfahrungen auszutauschen. Nicht selten höre ich, dass es den anderen Teilnehmern ebenso ergeht wie mir jetzt: Wir hätten gerne noch länger geschwiegen.

Bei einer gemütlichen Kaffee-Runde schmieden wir Pläne für die nächste Grosse Stille und freuen uns darauf, im nächsten Jahr dieses wunderbare Erlebnis erneut zusammen mit den herzensguten Disentiser Mönchen erleben zu dürfen.


Dort ging er in eine Höhle...

um darin zu übernachten. Doch das Wort des Herrn erging an ihn: Was willst du hier, Elija? [...] Komm heraus und stell dich auf den Berg vor den Herrn! Da zog der Herr vorüber: Ein starker, heftiger Sturm, der die Berge zerriss und die Felsen zerbrach, ging dem Herrn voraus. Doch der Herr war nicht im Sturm. Nach dem Sturm kam ein Erdbeben. Doch der Herr war nicht im Erdbeben. Nach dem Beben kam ein Feuer. Doch der Herr war nicht im Feuer. Nach dem Feuer kam ein sanftes, leises Säuseln. Als Elija es hörte, hüllte er sein Gesicht in den Mantel, trat hinaus und stellte sich an den Eingang der Höhle.


1. Könige 9,11-13

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